Anfrage: „Kosten der wegen Beschlussunfähigkeit vertagten Stadtverordnetenversammlung vom 11.12.2014″

Anfragen Faktion - Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
Anfragen Faktion - Bündnis 90 / DIE GRÜNEN

Der Bürgermeister antwortet auf die Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen – Anfrage gemäß § 20 Abs. 2 Geschäftsordnung
hier: „Kosten der wegen Beschlussunfähigkeit vertagten Stadtverordnetenversammlung vom 11.12.2014″

Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Gerhardt,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,

mit Schreiben vom 28.01.2015 haben Sie unter Hinweis auf die nicht beschlussfähige Stadtverordnetenversammlung vom 11.12.2014 folgende Anfragen an den Magistrat gerichtet:
l. Wie hoch ist der zusätzliche Aufwand durch Personal-, Sech- und Verwaltungskosten einzuschätzen, welcher in der Stadtverwaltung dadurch entsteht oder entstanden ist?
2. Wie hoch sind die finanziellen Folgen zu kalkulieren, die durch die Verzögerung bei den später in Kraft tretenden Veränderungen bei den Abgaben und Gebühren zu veranschlagen sind?
3. In welcher Weise beabsichtigt der Magistrat, die Verursacher des Schadens heranzuziehen? Zwischenzeitlich war im interfraktionellen Gespräch angeregt worden, die Beantwortung der Anfrage
dahinstehen zu lassen. Daraufhin haben Sie mich mittels E-Mail vom 02.02.2015 wissen lassen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einer Beantwortung der Anfrage nach der Sitzungsrunde im Februar einverstanden sei. Dieser Mitteilung entnahm ich, dass Ihre Fraktion aber weiterhin eine Beantwortung der Anfrage wünscht. Dem kommt der Magistrat hiermit nach.

Ihre Anfragen werden wie folgt beantwortet:
1. Wie hoch ist der zusätzliche Aufwand durch Personal-, Sach- und Verwaltungskosten einzuschätzen, welcher in der Stadtverwaltung dadurch entsteht oder entstanden ist?

Im Bereich des Gremiendienstes entstand durch den Abbruch der Sitzung im Dezember kein zusätzlicher Aufwand, nachdem das Ansinnen des Magistrats, eine gesonderte Sitzung zur
schnellen Herbeiführung der Beschlüsse anzuberaumen, abgelehnt worden ist. Die Tagesordnungspunkte der Dezembersitzung konnten in der ohnehin geplanten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im Februar stattfinden. Ein Mehraufwand für Aufwandsentschädigungen o.ä. ist damit nicht zu verzeichnen. Ein erheblicher Aufwand an Personalkosten dürfte nach Schätzung des Magistrats durch die infolge der abgebrochenen Sitzung entstandene politische Diskussion entstanden sein. Die Dezernenten, der Magistrat und die Beschäftigten des Stadtverordnetenbüros, das im Fachbereich 1, Fachdienst 1 0, angesiedelt ist, wurden durch Besprechungen etc. erheblich eingebunden. Sowohl von Seiten der Stadtverordnetenvorsteherin als auch von Seiten der Fraktionen gab es eine Vielzahl von Fragen, die durch den Fachdienst geklärt werden mussten. Allerdings erfolgte keine abgegrenzte Zeiterfassung hinsichtlich der Bewältigung dieser zusätzlichen Aufgaben, die bei regulärem Ablauf der Sitzung nicht angefallen wären . Da die Beratung der Stadtverordneten bei der Stadt Obertshausen bisher zu den Aufgaben des Fachdienstes Organisation und Gremien gezählt wurden, kann insofern aber auch nicht von einem besonderen zusätzlichen Aufwand gesprochen werden.
Weiterhin erfolgten infolge der politischen Auseinandersetzungen mehrere fernmündliche oder schriftliche Anfrage an den Hessischen Städte- und Gemeindebund, um die hausinternen
Rechtsauskünfte bestätigen bzw. prüfen zu lassen. Hierdurch entstanden keine zusätzlichen Sachkosten, da die Beratung des HSGB im Rahmen der Mitgliedschaft ohne gesonderte
Berechnung erfolgt. Zwar wurde von. Seiten des HSGB die Rechtsposition unserer Beschäftigten bestätigt. Wir hielten eine solche Absicherung durch externe Beratung aber für angezeigt, da
teilweise die Auskünfte aus der Verwaltung von Seiten der Politik in Frage gestellt wurden. Innerhalb des Fachbereichs 2 gab es auch keinen zusätzlichen personellen Aufwand . Dies erklärt
sich damit, dass sich die Haushaltsberatungen von Dezember 2014 in den Februar 2015 verschoben haben. Die zu erledigenden Tätigkeiten sind dabei aber gleich geblieben.
Weiterhin wurde neben der Botenfahrten zur Übersendung der Niederschrift der Sitzung vom 11 .12.2015 weitere Botenfahren erforderlich, da die Stadtverordnetenvorsteherin zusätzliche
Post an die Stadtverordneten hat ausfahren lassen. Da diese Fahrt in die üblichen Fahrten des Boten integriert werden, fällt eine Schätzung auch an dieser Stelle schwer. Ein personeller Mehraufwand ist lediglich Bereich des Fachbereich 2, Fachdienst Steuern, ersichtlich. Unterstellt man, dass in der Dezembersitzung alle Beschlüsse so gefasst worden wären, wie sie zwischenzeitlich in der Februarsitzung gefasst worden sind, so hätten diverse Bescheide nicht doppelt gedruckt werden müssen . Insofern kann man davon ausgehen, dass 1 bis 2 Beschäftigte aus dem Fachdienst Steuern hier zwei Arbeitstage zusätzlich für diese doppelte Arbeit haben aufwenden müssen . Hierzu verweise ich aber insbesondere auf die nachfolgende
Antwort zu Ihrer Frage 2.

2. Wie hoch sind die finanziellen Folgen zu kalkulieren, die durch die Verzögerung bei den später in Kraft tretenden Veränderungen bei den Abgaben und Gebühren zu veranschlagen sind?

Mit Blick auf die inzwischen beschlossenen Anhebungen von Steuersätzen ist zu beachten, dass insbesondere bei Grund- und Gewerbesteuer, deren Hebesätze bis zum 30.06 eines jeden
Jahres rückwirkend angehoben werden können, erst einmal keine Mindereinnahme dadurch entstehen sollte, dass die Hebesätze erst im Februar beschlossen worden sind.

Unterstellt man, dass die Stadtverordnetenversammlung im Dezember beschlussfähig gewesen wäre und die Abfallsatzung so beschlossen hätte, wie sie es im Februar nun getan hat, so kommt
man bei dieser Satzung zu folgenden hypothetischen Ergebnissen. Ausgehend von der Zahl der Mülltonnen (Stand 01.01.2015) wären bei Inkrafttreten neuen Abfallsatzung zum 01 .01.2015 anstatt zum 01 .03.2015 Gebühren in Höhe von 22.500,- EUR zusätzlich erzielt werden können. Bei diesem Wert handelt es sich allerdings um eine auf einer Hypothese basierenden Schätzung. Sollten die tatsächlichen Einnahmen aus Müllgebühren unter den kalkulierten liegen, so ist dieses Defizit bei der Neukalkulation in 2 oder 3 Jahren auszugleichen, so dass kein Defizit im Gebührenhaushalt verbleibt. Weiterhin ist zu beachten, dass die Tauschgebühr für Mülltonnen in der neuen Abfallsatzung angehoben worden sind. Unterstellt man, dass für alle Tauschvorgänge im Januar und Februar bereits die neue Tauschgebühr Anwendung gefunden hätte, so wären hier zusätzliche .Einnahmen in Höhe von 3.500,- EUR zu erzielen gewesen. Insbesondere aber wurde durch den nicht erfolgten Beschluss der Satzungen ein Doppeldruck von Bescheiden erforderlich. Unterstellt man, dass die Stadtverordnetenversammlung alle Beschlüsse im Dezember 2014 bereits so gefasst hätte wie sie dies im Februar 2015 getan hat, so wären die zusätzlichen Druckkosten in Höhe von ca. 1.400,- EUR für 4.480 Bescheide inkl. MwSt. sowie Portkosten für den zusätzlichen Versand in Höhe von 2.700,- EUR nicht entstanden.

3. In welcher Weise beabsichtigt der Magistrat, die Verursacher des Schadens heranzuziehen?

Ihre Frage intendiert, dass es sowohl einen Schaden im schadensrechtlichen Sinne gibt als auch Verursacher eines solchen Schadens. Dies ist nach unserer Einschätzung beides nicht der Fall.
Wie wir dargestellt bedarf es bereits diverser Annahmen, um Mehrkosten oder Mindereinnahmen darzustellen. Dies würde bereits voraussetzen, dass es für jeden einzelnen Stadtverordneten eine
Pflicht gäbe zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Beschluss mit zu fassen. Gerade an diesem Punkt würde vermutlich jeder Stadtverordnete dem Magistrat widersprechen . Weiterhin weist der Magistrat es von sich, Kosten die im Rahmen des demokratischen Entscheidungsprozesse des obersten Beschlussorgans der Stadt entstehen, als Schaden einzuordnen . Bedenken Sie, dass auch die Beantwortung dieser Frage Personal- und Sachkosten verursacht. Das Fragerecht ist aber ebenso wichtig wie das Recht eines Stadtverordneten auf Boykott einer Abstimmung oder einer Sitzung. Insofern würde es nach Einschätzung des Magistrats eine Verletzung des freien Mandats gemäß § 35 HGO bedeuten, wenn hier ein Schaden benannt und dann Mandatsträgern zugeordnet werden würde. Ebenso hat die Stadtverordnetenvorsteherin bereits mündlich darauf hingewiesen, dass es nach der Hessischen Gemeindeordnung keine bzw. nur eine moralische Pflicht zur Sitzungsteilnahme für die Stadtverordneten gibt. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Sitzung im Dezember nicht durch Störungen durch bestimmte Stadtverordnete ausgefallen ist, sondern die Sitzung geschlossen werden musste, weil nicht mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitglieder bei Feststellung der Beschlussfähigkeit anwesend waren. Der Magistrat erlaubt sich, die Fragesteller darauf hinzuweisen, dass bereits das Hinzukommen eines einzigen fehlenden Stadtverordneten im Dezember genügt hätte, um die Sitzung durchzuführen. Auch vor diesem Hintergrund muss die Intention der Fragestellung zurückgewiesen werden. Es wäre willkürlich und eine Verletzung des freien Mandats, wenn der Magistrat einen oder mehrere der 19  fehlenden Stadtverordneten die Verantwortung für die ausgefallene Sitzung zuweisen würde. Die oben dargestellten Mehrkosten oder Mindereinnahmen infolge der später in Kraft getretenen Satzungen und der politischen Diskussion sind eine Folge der Bestimmungen des § 53 HGO und nach Einschätzung des Magistrats kein Schaden. Mangels Schaden stellt sich die Frage nach Verursachern nicht.
Insgesamt schließe ich mich als Bürgermeister den mahnenden Worten der Stadtverordnetenvorsteherin an.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Roger Winter
Bürgermeister